Die Olympus OM-D E-M5 III ermöglicht mit der Einstellung ISO Auto eine flexible Anpassung an stark schwankende Lichtverhältnisse. Diese Einstellung ist z.B. für die Event-, Street- oder Reisefotografie ideal, wo nicht viel Zeit für manuelle Einstellungen bleibt.
ISO Auto lässt sich mit allen 4 Aufnahmemodi (P, A, S, M) verbinden. Bei der Zeitvorwahl steuert die Kamera Blende und ISO-Wert, bei der Blendenvorwahl Belichtungszeit und ISO-Wert. Aber wie entscheidet sie, wie diese Werte kombiniert werden sollen?
Zeitvorwahl
Bei der Zeitvorwahl (S, shutter priority) kann man leicht herausfinden, wie sich die Kamera verhält, indem man bei Tageslicht die Belichtungszeit beginnend mit z.B. einer Sekunde schrittweise verkürzt. Dabei wird zunächst die Blende entsprechend geöffnet, während der ISO-Wert auf 200 bleibt. Erst wenn die Blende maximal geöffnet ist (je nach Objektiv z.B. bei Blendenstufe 1.2 oder 2.8), geht der ISO-Wert nach oben. Die Strategie ist also offenbar, mit einem möglichst niedrigen ISO-Wert zu fotografieren und somit möglichst rauscharme Bilder zu erhalten.
Blendenvorwahl
Bei der Blendenvorwahl (A, aperture priority) sind die Verhältnisse etwas komplexer. Auch hier kann man leicht herausfinden, wie sich die Kamera verhält, indem man die Blende beginnend mit der maximalen Öffnung langsam schließt. Dabei wird zunächst die Belichtungszeit entsprechend länger. Ab einem gewissen Wert bleibt die Belichtungszeit dann konstant, dafür geht der ISO-Wert nach oben. Erst wenn der maximale ISO-Wert (in der Voreinstellung 6400) erreicht ist, werden die Belichtungszeiten wieder länger.
Verschluss-Tiefstwert
Die Kamera versucht also offenbar, eine bestimmte Belichtungszeit möglichst nicht zu überschreiten. Bei Olympus heißt dies der (angestrebte) Verschluss-Tiefstwert. Dieser steht in der Voreinstellung auf Auto:
Menü - ⚙ - [E1] - ISO-Auto-Einstellung - Verschluss-Tiefstwert - Auto
Eine möglichst kurze Verschlusszeit ist natürlich sinnvoll, um ein Verwackeln des Bildes zu vermeiden. Der von der Kamera gewählte Verschluss-Tiefstwert ist aber nicht immer gleich, sondern hängt auch noch von der Brennweite des Objektivs ab (Spalte Auto):
Brennweite | Kehrwertregel (MFT) | Auto | Auto* |
---|---|---|---|
9 mm | ≤ 1/18 s | 1/60 s | 1/30 s |
15 mm | ≤ 1/30 s | 1/60 s | 1/30 s |
25 mm | ≤ 1/50 s | 1/60 s | 1/50 s |
45 mm | ≤ 1/90 s | 1/80 s | 1/80 s |
60 mm | ≤ 1/120 s | 1/125 s | 1/125 s |
75 mm | ≤ 1/150 s | 1/160 s | 1/160 s |
Kehrwertregel
Die Kamera berücksichtigt dabei den bekannten Effekt, dass es sehr viel schwieriger ist, ein Teleobjektiv als ein Weitwinkel ruhig zu halten. Dies wird in der sogenannten Kehrwertregel formuliert:
Beim Fotografieren aus der Hand soll die Belichtungszeit höchstens so lang sein wie der Kehrwert der Brennweite, damit die Aufnahme nicht verwackelt.
Die Kehrwertregel wurde schon vor Jahrzehnten für die damaligen Kleinbildkameras formuliert. Da MFT-Kameras einen entsprechenden Bildausschnitt bereits bei der halben Brennweite erreichen, gilt hier für das Verhältnis von Belichtungszeit t und Brennweite f:
t | = | 1 / (2 f) | (K1) |
Die entsprechenden Werte sind in der Spalte Kehrwertregel (MFT) angegeben.
Blitz Zeit Limit
Für kürzere Brennweiten fällt auf, dass die Kamera eine Belichtungszeit von 1/60 s wählt, obwohl nach der Kehrwertregel auch längere Belichtungszeiten möglich wären. Offenbar kommt hier noch eine weitere Regel ins Spiel.
Dies hängt mit der Einstellung für die längste erlaubte Belichtungszeit für das Auslösen mit Blitz zusammen. Dieser Wert ist in der Werkseinstellung wie folgt gesetzt:
Menü - ⚙ - [F] - Blitz Zeit Limit - 1/60 s
Die Kamera versucht also offensichtlich, eine Belichtungszeit zu wählen, mit der ein Auslösen des Blitzes noch möglich ist. Stellt man diesen Wert probeweise z.B. auf 1 s, folgen die Belichtungszeiten auch für Objektive mit kürzeren Brennweiten ziemlich genau der Kehrwertregel (Spalte Auto*).
Richtwerte für Belichtungszeiten
Noch gar nicht betrachtet wurde bisher das Motiv, das man fotografieren möchte. Folgende Tabelle gibt eine grobe Orientierung über sichere Belichtungszeiten, um Bewegungsunschärfen möglichst zu vermeiden:
Motiv | Belichtungszeit |
---|---|
unbewegt | 1 s und länger |
Portrait | 1/125 s |
Kinder | 1/250 s |
Tiere | 1/500 s |
Sport | 1/1000 s und kürzer |
Im Hinblick auf die von der Kamera gewählten Belichtungszeiten ergibt sich damit folgende Einschätzung:
- Für unbewegte Szenen sind die gewählten Belichtungszeiten deutlich zu kurz. Die Olympus bietet eine äußerst effektive 5-Achsen-Stabilisierung, mit der sich längere Belichtungszeiten von 1 s und mehr sicher aus der Hand fotografieren lassen [Wong 2021]. Damit werden deutlich niedrigere ISO-Werte möglich.
- Für viele bewegte Szenen sind die Belichtungszeiten dagegen zu lang. Damit riskiert man, dass Bewegungsunschärfen auftreten.
Offenbar stellt die Werkseinstellung einen (je nach Situation mehr oder weniger guten) Kompromiss dar, der auch bei ausgeschaltetem Bildstabilisator noch funktioniert.
Wie sollte man die Kamera einstellen?
In jedem Fall macht es Sinn, zwischen unbewegten und bewegten Szenen zu unterscheiden:
- Bei unbewegten Szenen hat man naturgemäß genug Zeit, um Blende, Belichtungszeit und ISO einzustellen. Das gleiche gilt auch in kontrollierten Umgebungen wie z.B. bei Portrait-Shootings. ISO Auto macht in diesen Fällen wenig Sinn.
- Damit ergibt sich die Möglichkeit, den Verschluss-Tiefstwert in Anlehnung an die oben aufgeführte Belichtungszeitentabelle zu wählen. Ich fotografiere hauptsächlich Menschen, d.h. ich setze den Verschluss-Tiefstwert auf 1/125 s:
Menü - ⚙ - [E1] - ISO-Auto-Einstellung - Verschluss-Tiefstwert - 1/125 s
Gegenüber der Einstellung Auto ergibt sich damit bei kürzeren Brennweiten bis in den leichten Telebereich hinein eine halb so lange Belichtungszeit und ein doppelt so hoher ISO-Wert. Weniger Bewegungsunschärfe, mehr Rauschen. Bei längeren Brennweiten wird die Belichtungszeit sogar kürzer, aber ein Verwackeln muss man bei eingeschaltetem Bildstabilisator nicht befürchten.
Wenn man z.B. häufig spielende Hunde fotografiert, kann man den Verschluss-Tiefstwert natürlich auch noch kürzer wählen; allerdings wird man dann wohl eher mit der Zeitvorwahl (siehe oben) arbeiten.
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